Männer, die auf Ziegen starren.

Ich habe nicht für vieles im Leben ein Händchen, im Gegenteil. Ich wäre gerne kreativer. Ordentlicher. Weniger faul. Besser darin, Kontakte zu pflegen. Ich bin nicht konsequent und ich würde gerne öfter „Nein“ sagen können. Ich entschuldige mich grundsätzlich immer für alles, was irgendwie irgendwo schiefläuft – völlig egal, ob ich tatsächlich dafür verantwortlich bin. Es gibt einiges, dass ich gerne besser können würde. Was ich aber offenbar – und völlig unfreiwillig – ganz hervorragend kann: die falschen Männer faszinieren. (Die Betonung liegt ganz eindeutig auf „falsch“, bei den richtigen funktioniert das irgendwie nur so semi-gut.) Ich konkretisiere: Männer, die auf Frauen starren – obwohl sie bereits vergeben sind. Von Tinder habe ich mich bereits wieder verabschiedet und trotzdem mangelt es in meinem Leben nicht an kuriosen Begegnungen mit zwielichtigen Gestalten. Eine davon: ein Mann, der seit Jahren vergeben ist und seit Monaten an mir herumgräbt. Er hat kein Interesse daran, seine Freundin zu verlieren. Ich übrigens auch nicht. Er ist keiner von der Sorte, die ich mir als Partner wünschen würde. Im Gegenteil. Er ist eine Mischung aus Bad Boy und kleinem Kind und ich bin mir sicher – niemand, auf den man sich im Notfall verlassen könnte. Seit Monaten schwanke ich zwischen einem Anspringen auf seine teilweise charmante, teilweise sehr direkte Art und einem deutlichen Kopfschütteln. Mal mache ich das eine, mal das andere. Mal reizt er mich, mal finde ich sein Verhalten lächerlich. Ich melde mich nie bei ihm. Was ich dabei über Männer im Allgemeinen und Besonderen lernen durfte: nicht melden funktioniert. Vielleicht nur bei Männern, die man eigentlich gar nicht will. Aber es funktioniert. Er meldet sich, mal mehrmals pro Woche, mal zwei Wochen gar nicht. Und selbst wenn ich denke – das war’s, offensichtlich hat er mit der moralischen Keule eine übergebraten bekommen – kommt er wieder zurück. Immer. Übrigens auch jedes Mal wenn er sagt „Das mit uns muss aufhören…“ und ich sage „Okay.“. Vielleicht bin ich für ihn auch deshalb so interessant, weil ich so leicht zu handeln bin. Ich jammere nicht, ich stelle keine Forderungen, ich setze ihn nicht unter Druck, für mich ist es okay, wenn wir Kontakt haben und genauso okay, wenn nicht. Im Endeffekt kann er tun und lassen, was er will. Man könnte jetzt sagen: du lässt dich von ihm benutzen. Vielleicht ist das so. Allerdings habe ich viel mehr das Gefühl, dass ich ihn benutze. Denn, ob man es glaubt oder nicht – ich profitiere von der Geschichte genauso wie er. Ich habe meinen Spaß, ich poliere mein Selbstbewusstsein auf und ich kann – wirklich ohne jedes schlechte Gewissen – genau das tun, was ich tun will. Ich kann mich mit anderen Männern verabreden. Oder ich kann mich verlieben und ihn abschießen. Ich bin Single und kann deshalb genau das tun, was mir gefällt. Es gibt nur eine Sache, bei der ich dazwischengrätsche: wenn er anfängt, mir von seiner Beziehung zu erzählen. Denn darüber will ich nichts wissen. Es interessiert mich nicht, was mit seiner Freundin läuft. Es interessiert mich nicht, wie der gemeinsame Urlaub gelaufen ist (aus dem er mir auch noch etwas mitgebracht hat – das war einer der Momente, in denen ich mir dachte: der Typ hat nicht alle Latten am Zaun). Und es interessiert mich noch viel weniger, ob er über eine Hochzeit nachdenkt (ein Moment, in dem ich das nächste Mal an der Funktionsfähigkeit seines Gehirns gezweifelt habe). Die Beziehung ist seine Baustelle, nicht meine. Anfangs dachte ich: ich kann das nicht tun. Ich bin ein netter, ehrlicher Mensch. Das bin ich tatsächlich. Und wer mich kennt weiß, dass ich der allerletzte Mensch auf diesem Planeten bin, der anderen Menschen Schlechtes wünscht, der jemanden ins Verderben stürzen will oder jemanden mit Absicht verletzt. Mittlerweile denke ich mir aber: ich mache gar nichts. Die Initiative geht nicht von mir aus. Nie. Von meiner Seite aus kann das jederzeit beendet werden. Und ich versuche nicht aktiv, eine Beziehung zu zerstören. Und vor allem will ich das auch gar nicht. Mit Sicherheit gibt es jetzt da draußen Menschen, die mich verurteilen werden. Möglicherweise bekomme ich wieder weniger nette Mails mit vernichtenden Vorurteilen. Allerdings stört mich das herzlich wenig. Ich bin mittlerweile der Meinung: jeder ist für sich selbst verantwortlich. Das gilt für Kritiker. Das gilt für den Typen. Und es gilt für mich.

Trotzdem stellt sich mir durch diese Geschichte immer wieder die Frage: warum tun Männer das? Warum tut er das? Seine Freundin ist klug und sie ist verdammt hübsch. Was fehlt ihm? Die Zeitschrift „Glamour“ hat in einer großen Studie übers Fremdgehen versucht, die Gründe zu analysieren. Auf folgende Ergebnisse ist sie gekommen:

  1. Sexuelle Unzufriedenheit. Dazu muss wahrscheinlich nicht viel gesagt werden. Logisch: oft ist in langjährigen Beziehungen Routine eingekehrt, der Alltag frisst jegliche sexuellen Ambitionen. Da sucht sich der ein oder andere die Befriedigung außer Haus.
  2. Einsamkeit. Allerdings nicht im emotionalen Sinn. Angeblich hat eine amerikanische Studie ergeben: je häufiger Paare getrennt Zeit voneinander verbringen, desto häufiger geht der Mann fremd. Denn: er produziert mehr Samenzellen – und die muss er ja schließlich unters Volk bringen.
  3. Langeweile. Hier wird der Vergleich zur Tierwelt gezogen. Denn Ratten und Bullen hören nach einer Weile auf, sich mit den Weibchen in ihrer Umgebung zu paaren. Frischfleisch muss her.
  4. Sexuelle Versagensängste. Einer 2011 veröffentlichten Studie zufolge geht ein Mann häufiger fremd, wenn er unter Erektionsstörungen leidet oder beim Sex zu schnell kommt. Der Zusammenhang erschließt sich mir nicht ganz. Aber wenn’s die Wissenschaft sagt.
  5. Marktwert testen. Das erklärt sich von selbst.
  6. Rache. Wer von seiner Frau betrogen wurde, geht häufiger fremd. Gleiches mit Gleichem vergelten nennt sich das wohl.
  7. Die passende Gelegenheit. Spricht auch für sich. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, werden Männer leicht schwach.
  8. Die lieben Gene. Achtung vor Männern, deren Väter bereits Fremdgänger waren. Denn laut einer Studie der Prager Karls-Universität fällt der Apfel in diesem Fall oft nicht weit vom Stamm.

(Quelle: http://www.glamour.de/liebe/beziehung/fremdgehen-der-seitensprungreport/fremdgehen-warum-maenner-fremdgehen)

Vielleicht ist es aber auch das, was ich in einem früheren Artikel gesagt habe. Vielleicht ist der Mensch auch einfach nicht monogam veranlagt. Man weiß es nicht.

 

2 Gedanken zu „Männer, die auf Ziegen starren.

  1. Merkwürdig! Obwohl ich Ende 40 und damit deutlich älter als Du bin erlebe ich eine sehr ähnliche Geschichte. Es scheint also einen Typ Mann zu geben, der solche durchgeknallten Verhaltensweisen an den Tag legt und offensichtlich gibt es Frauen wie uns, die da mitspielen – mal weil es Spaß macht aber manchmal auch, weil gerade nichts anderes Prickelndes im Leben passiert. Eigentlich wünsche ich mir etwas ganz anderes: einen verlässlichen, ehrlichen und normalen Mann an meiner Seite. Wieso faszinieren mich dann solche durchgeknallten Typen, die kein Interesse an einer echten Beziehung haben? Stehe ich mir selbst im Weg oder habe ich vielleicht sogar Angst vor einer Partnerschaft auf Augenhöhe? Wir bekommen doch immer das, was wir ausstrahlen…!😩

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